Luxury Business Report 2016 - page 11

LUXURY BUSINESS REPORT 2016
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MANAGEMENT / RETAIL EXPERIENCE
rotz „digitaler Connectivity“ und „Shopping 24/7“: Die Lu-
xuskonsumenten favorisieren weltweit immer noch das phy-
sisch erfahrbare und somit reale Einkaufs-Erlebnis. Die Bou-
tique ist der Ort, an dem der Kunde die Marke seiner Wahl
und ihre Produkte mit allen Sinnen erleben, anfassen, fühlen
möchte. Nolens volens stehen oft untrainierte Verkäufer als
Teilzeit- oder Gelegenheitskräfte in der Pflicht, dieses Erlebnis
nachhaltig und erinnerbar zu gestalten. Obgleich sie damit eine
zentrale Funktion innehaben und einen der wertvollsten Assets
für die Marke darstellen, liegt die Priorität des Managements
oft nur auf der Gestaltung der externen Markenwelt. Die per-
fekte Inszenierung eines makellosen Images via Marketing und
Kommunikation führt aber oft zu hohen Erwartungen auf Sei-
ten der Luxuskonsumenten, denen Verkäufer dann oft nicht
gerecht werden können. Die Kunden reagieren enttäuscht, im
schlimmsten Fall sind Beschwerden, schlechte Mundpropagan-
da und teilweise gar ein Imageschaden der Marke die Folge.
Ein Umdenken in Richtung Retail Excellence und eine höhere
Wertschätzung der Verkäufer lohnt sich also, denn diese können
im Dienst von Luxuslabels wahre Botschafter von Markenin-
halten sein: aufrichtige Berater, die aus einem Selbstverständnis
heraus dienen, Talente im Erspüren von Kundenbedürfnissen,
Storyteller, die zu verführen und zu überzeugen wissen.
DIE SALESPERSON’S JOURNEY ALS
MANAGEMENTAUFGABE
Denkt man um und nimmt den Verkäufer in den Fokus, kann
die Customer Journey zur Salesperson’s Journey gespiegelt und
T
in drei Phasen unterteilt werden: Before, During, After. „Be-
fore“ widmet sich der Attraktion, Auswahl und Rekrutierung
von zukünftigen Markenbotschaftern. „During“ umfasst ihre
Sozialisation im Unternehmen und vor allem die Hauptbe-
schäftigungsphase als das Managen einer fruchtbaren und
dauerhaften Beziehung. Endet diese, beginnt die „After“-
Phase, auf die hier nicht näher eingegangen wird. Nur so viel
sei gesagt: Nach Beendigung eines Dienstverhältnisses wäre es
erstrebenswert, dem ehemaligen Mitarbeiter ein positives Un-
ternehmensbild mit auf den Weg zu geben, denn dieser ist in
seinem Umfeld weiterhin mit der Marke identifizierbar.
Wer die passenden Bewerber und zukünftigen Markenbotschaf-
ter finden möchte, muss die Salesperson’s Journey konsequent
und umfassend durchdenken (siehe Grafik 1). Uniformen und
Trainings allein reichen nicht aus. Sie sind lediglich Instrumente
eines komplexen Sets, das im Folgenden dargestellt wird.
Attraktion:
Marken ziehen sowohl Konsumenten als auch zu-
künftige Mitarbeiter an, eben solche, die sich mit deren Werten
und Produkten identifizieren. Bewerber treffen ihrerseits eine
Vorauswahl an möglichen Arbeitgebern. Die Marke sollte sich
mit einer im Duktus der Marke angelegten Talent-Website mit
Karriere-Optionen präsentieren und potenziellen Bewerbern so
einen einfachen und sympathischen Zugang zur Firma ermög-
lichen. Darüber hinaus lassen sich viele neue Ansätze diskutie-
ren, wie zum Beispiel Brand-Ambassador-Videos.
Rekrutierung:
In der Luxusindustrie sollten primär Bewerber
rekrutiert werden, die sich mit dem Label identifizieren, statt
Markenidentität & Werte als Leitfaden
Journey-Phasen der Verkäufer
Mitarbeiter-Phasen des Internal Brandings
Salesperson’s Journey
Funnel
1) Attraktion
2) Rekrutierung
Externe Kommunikation
als übergreifender Einflussfaktor
3) Sozialisierung
4) Haupt-Beschäftigung
• Trainings
• Rewards & Benefits
• Interne Kommunikation
• Leadership & Arbeits-Atmosphäre
• Physisches Arbeitsumfeld
• Unterstützende Strukturen
5) Beziehungs-Management
Before
During
After
Wissen
Fähigkeiten
Wissen
Commitment
Fähigkeiten
Verhalten
Identifikation & Internalisierung
Quelle: Julia Riedmeier
Grafik 1: Übersicht
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